Langsam treten die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise zu Tage. Diese Ausnahmesituation führte bereits dazu, Kündigungen oder Änderungskündigungen auszusprechen.
Corona ist für sich genommen jedoch kein Grund für eine Kündigung. Eine Kündigung muss sozial gerechtfertigt sein, um den Anforderungen des Kündigungsschutzgesetzes zu entsprechen. Dies ist dann der Fall, wenn der Kündigungsgrund entweder in der Person oder dem Verhalten des Arbeitnehmers liegt oder die Kündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen erforderlich ist.

Kann eine krankheitsbedingte Kündigung wegen Erkrankung an Covid-19 ausgesprochen werden?


Eine personenbedingte Kündigung aufgrund einer Krankheit setzt u. a. voraus, dass die weitere Gesundheitsprognose des Mitarbeiters negativ ist. Eine personenbedingte Kündigung ist aufgrund einer Erkrankung danach i. d. R. nur dann möglich, wenn der Arbeitnehmer absehbar für einen längeren Zeitraum ausfallen wird. Schon dies dürfte aufgrund einer akutern Covid-19-Erkrankung fraglich sein.
Im Übrigen kann der Arbeitgeber gemäß § 56 Infektionschutzgesetz einen Entschädigungsanspruch hinsichtlich geleisteter Lohnfortzahlung geltend machen. Daher dürfte eine Beeinträchtigung sog. betrieblicher Interessen als weitere Voraussetzung für die Kündigung ebenfalls ausscheiden.

Welche Gründe können im Zusammenhang mit der Pandemie zu einer verhaltensbedingten Kündigung führen?


Voraussetzung für eine verhaltensbedingte Kündigung ist z.B. ein pflichtwidriges Verhalten des Arbeitnehmers. In Zusammenhang mit dem Coronavirus kommt die Verweigerung der Arbeitsleistung wegen bestehender oder vermuteter Infektion im Betrieb oder auch eine unterlassene Anzeige eigener Symptome oder Erkrankung in Betracht.
Im Zusammenhang mit den arbeitsvertraglichen Treuepflichten (Nebenpflichten aus dem Arbeitsvertrag), ist davon auszugehen, dass ein betroffener Arbeitnehmer eine Anzeigepflicht gegenüber dem Arbeitgeber hat – zur Schadensabwehr und für den Gesundheitsschutz aller Beschäftigten im Betrieb. Weiterhin in Betracht kommt z.B. die !unberechtigte Arbeitsverweigerung”. Im BGB steht unter § 275 Abs. 3, dass ein Arbeitnehmer die Arbeitsleistung verweigern kann, soweit ihm die Erbringung unzumutbar ist. Auch der Arbeitgeber hat gegenüber den Arbeitnehmern nämlich Schutz- und Fürsorgepflichten und ist etwa verpflichtet, die Arbeitnehmer vor gesundheitlichen Schäden zu schützen {§§ 618, 241 Abs. 2 BGB). Wenn im Betrieb Infektionen bekannt werden oder besteht ein erhöhtes Infektionsrisiko, so ist die Arbeitsverweigerung des Arbeitnehmers sicherlich berechtigt, denn eine Eigengefährdung kann ihm nicht zugemutet werden. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, für den geeigneten Schutz der Arbeitnehmer Sorge zu tragen und entsprechende Maßnahmen, wie etwa Freistellung oder Homeoffice, anzubieten.
Viele Mitarbeiter fürchten sich davor, sich auf dem Weg zur Arbeit in öffentlichen Verkehrsmitteln anzustecken. Eine solche, abstrakt bestehende Gefährdung berechtigt hingegen nicht zur Arbeitsverweigerung. Entsprechende Urteile der Arbeitsgerichte zum direkten Zusammenhang mit verhaltensbedingten Kündigungen um Zusammenhang mit der Pandemie liegen bislang noch nicht vor. Hier empfiehlt sich die Beratung durch einen Anwalt, um die Umstände des konkreten Einzelfalles zu betrachten.

Mir ist wegen Corona „betriebsbedingt” gekündigt worden – ist das rechtmässig?


Angesichts der wirtschaftlichen Auswirkungen des Coronavirus auf viele Betriebe sind betriebsbedingte Kündigungen naheliegend. Eine betriebsbedingte Kündigung setzt ein sogenanntes dringendes betriebliches Erfordernis voraus. Diese dringenden betrieblichen Erfordernisse können zwar grundsätzlich neben betriebsinternen auch äußere Umstände (krisenbedingter Auftragsmangel, Absatzschwierigkeiten, Umsatzrückgang etc.) sein. Dies allein reicht allerdings nicht aus.
Eine weitere wichtige Voraussetzung für eine betriebsbedingte Kündigung ist, dass unmittelbar oder mittelbar der Bedarf zur Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt. Eine rein vorübergehende Schließung des Betriebes reicht für eine Kündigung nicht immer aus. Zum jetzigen Zeitpunkt sind weder Dauer noch Auswirkungen der Krise zuverlässig absehbar. Eine betriebsbedingte Kündigung rein vorsorglich auszusprechen, dürfte demnach unwirksam sein.
Nicht zuletzt muss eine Kündigung auch verhältnismäßig sein und somit trotz vielfältiger staatlicher Hilfsmaßnahmen (Kurzarbeit oder Darlehen zur kurzfristigen Überbrückung) das letzte arbeitgeberseitige Mittel sein. Da die Politik für Arbeitgeber vielfältige Möglichkeiten bereitgestellt hat, um die wirtschaftlichen Auswirkungen auf den Betrieb abzumildern, zunächst anzunehmen, kann eine Kündigung durchaus häufig als nicht verhältnismäßig angesehen werden.
Fazit: jede Kündigung sollte im Interesse des Arbeitnehmers auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden und es bleibt auch abzuwarten, wie die Arbeitsgerichte die aus der Corona-Krise hervorgehenden Sachverhalte beurteilen werden. In jedem Fall sichern Sie sich mögliche Ansprüche, indem Sie sich anwaltlich beraten lassen. Wir überprüfen Ihre Kündigung hinsichtlich möglicher Anfechtung oder Abfindung gerne für Sie.

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