#Home oder Office?
##Das bedeutet die neue Regelung zur SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung für Arbeitnehmer
Endlich gibt es nach über zehn Monaten Corona nun verbindliche Regeln zum Home Office im neuen Maßnahmenpaket. Auswertungen von Bewegungsdaten von Mobilgeräten belegten nämlich, dass die Büros im Unterschied zum ersten Lockdown unverändert stark bevölkert sind. Wer mit ÖPNV oder Auto zur Arbeit fährt, wird bestätigen können, dass weder Busse und Bahnen noch die Straßen so leer sind, wie man es sich wünscht. Mit Inkrafttreten der neuen Verordnung am 27.01.21 sind Arbeitgeber nun aber dazu verpflichtet, ihren Mitarbeitern grundsätzlich das Arbeiten von zu Hause anzubieten, ausserdem werden die Regeln zum Infektionsschutz verschärft.
Die Verordnung ist befristet und gilt zunächst bis zum 15. März. Allerdings kann die Regierung die Dauer auch verlängern, falls die Lage sich nicht entspannt. In den neuen Lockdown-Beschlüssen ist aber nun die „Pflicht zum Homeoffice“ so schwammig formuliert, dass es eher wie ein frommer Wunsch klingt statt nach einem Beschluss. Arbeitgeber müssen »dort, wo es möglich ist, den Beschäftigten das Arbeiten im Homeoffice ermöglichen …, sofern die Tätigkeiten es zulassen.«
Die endgültige Entscheidung, ob die Tätigkeit es zulässt, obliegt dem Arbeitgeber. Der Bundesarbeitsminister spricht zwar von einer Pflicht und verfügt damit, dass Arbeitgeber damit rechtlich verbindlich gehalten sind, Home Office zu ermöglichen. Doch wie soll dies in der Realität umgesetzt werden und bietet die neue Regelung wirklich eine stärkere Handhabe für Arbeitnehmer, sich im Zweifel gegen den Wunsch des Chefs ins Home Office zu gehen? Böse Zungen nennen die Regelung dann auch eher einen „frommen Wunsch der Kanzlerin“ als eine Verordnung. Arbeitgeber können Home Office ablehnen, wenn die Stelle des Mitarbeiters auch Tätigkeiten umfasst, die im Betrieb erledigt werden müssen – zum Beispiel Verteilung der Post, Wareneingangs- und -ausgangskontrollen oder auch Kundenbetreuung.Und wenn der Arbeitgeber sich dem Wunsch des Angestellten nach Home Office verweigert? Das Arbeitsministerium empfiehlt, sich an den Betriebsrat zu wenden – wenn es einen gibt. Die Arbeitsschutzbehörde des entsprechenden Bundeslandes ist ein weiterer möglicher Ansprechpartner, denn sie ist für die Durchsetzung der Regeln zuständig. Der Arbeitgeber müsste dann Gründe darlegen, warum Home Office nicht möglich ist. Im absoluten Ausnahmefall sollen theoretisch sogar empfindliche Bußgelder bis zu 30.000 Euro möglich sein. Man kann sich allerdings fragen, welcher Arbeitnehmer einen solchen Streit mit seinem Chef eingehen würde in Zeiten, in denen viele durchaus froh darüber sind, ihren Job noch zu haben. Es gibt aber auch Menschen, die gar nicht ins Home Office wollen, sondern viel lieber weiterhin im Büro arbeiten. Kann dann der Arbeitgeber dem Angestellten verbieten, weiterhin aus dem Büro zu arbeiten? Nein, das geht nicht – für Arbeitnehmer gibt es keine Pflicht zur Annahme eines Home Office Angebotes. Dabei handelt es sich nämlich um eine abweichende Festlegung des vertraglichen Arbeitsortes und diese erfordert eine entsprechende arbeitsvertragliche Regelung zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten oder eine Betriebsvereinbarung. Neben der Frage Home oder Office schreibt die neue Verordnung noch weitere Verschärfungen vor. Die Beschäftigtenzahl in geschlossenen Räumen wird begrenzt: wenn mehrere Mitarbeiter in einem Raum arbeiten, muss jedem mindestens 10 qm Raum zur verfügung stehen. Wo das nicht möglich ist, muss durch geeignete Schutzmassnahmen ein gleichwertiger Schutz hergestellt werden – zum Beispiel durch Trennwände und/oder FFP2-Masken. Insgesamt scheint die Regelung, die das Arbeiten in Corona-Zeiten verbindlicher als zuvor festschreiben sollte, immer noch reichlich unausgegoren zu sein. Sie bietet für Arbeitgeber keine Handhabe, sich bei gegenläufigen Wünschen gegen den Arbeitgeber durchsetzen zu können. Erste Umfragen haben ergeben, dass die meisten großen Unternehmen bereits seit Beginn der Pandemie umfassende und konsequente Home Office Regelungen umgesetzt haben (und folglich keine weiteren Verordnungen benötigt hätten), während kleine und mittlere Unternehmen mit ihren rechtlich ohnehin nicht so geschützten Arbeitnehmern weiterhin nach Gutdünken verfahren können.